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Johanna Unzueta / Moira Zoitl – The Many Names of Blue

Im Gespräch mit den Künstlerinnen Johanna Unzueta und Moira Zoitl geht die Kuratorin der Ausstellung „This Might Be A Place For Humningbirds“, Antje Weitzel, der Geschichte von Indigo und den kulturellen Traditionen und Techniken des Färbens mit diesem Farbstoff nach. Indigo oder auch Nila, Añil, Xiquilite, Aizome wird seit dem Altertum in Südost-Asien, dem Mittleren Osten, Afrika und den Amerikas als Farbstoff verwendet und gehandelt. An seiner Geschichte lassen sich koloniale Handelspraktiken und -wege, die eng mit der Ausbeutung von Bodenschätzen und Menschen verknüpft sind, ablesen.

In Guatemala wurde Indigo bereits in der späten prä-klassischen Periode von den Maya aus einheimischen Pflanzen gewonnen. Es ist einer der Bestandteile des sogenannten Maya-Blau. Unter der spanischen Kolonialherrschaft wurde Indigo 1760 zu einem erfolgreichen Exportprodukt des Königreich Guatemala, dem Verwaltungszentrum des spanischen Reiches in Mittelamerika und Steuerzentrum des Indigo-Handels. Der Indigoboom wurde durch die harte Konkurrenz aus den US-amerikanischen Plantagen und Indien sowie schlußendlich durch die Entwicklung von synthetischem Indigo gebrochen. Der von Adolf von Baeyer für die Badische Anilin- und Soda-Fabrik (BASF) entwickelte Syntheseweg führte zum Zusammenbruch der Märkte für natürliches Indigo. Heute wird Indigo überwiegend zum Färben von Denim-Baumwollstoffen für die Herstellung von Jeans verwendet.

In Johanna Unzuetas Schaffen spielt das natürlich aus Pflanzen gewonnene Indigo eine zentrale Rolle. In der Ausstellung „This Might Be A Place For Humningbirds“ zeigt Unzueta neue drei-dimensionale Zeichnungen, die aus ihrer Arbeit mit Indigo-Färbetechniken in Guatemala hervorgegangen sind. Die Künstlerin arbeitet seit einigen Jahren eng mit verschiedenen Initiativen in Guatemala zusammen, die mit pflanzlich gewonnenem Indigo experimentieren und versuchen ethische, rein natürliche Färbetechniken zu reaktivieren und zu promoten.

Moira Zoitl beschäftigt sich in ihrem Projekt „According to blueprint“ (2018) mit den Ursprüngen des Blaudrucks und seiner Verbreitung in Mitteleuropa. Dabei handelt es sich um ein Textildruckverfahren mit blau-weissen Mustern bei dem Indigo als Farbstoff genutzt wird. Mittels Performance, Cyanotypien (Eisenblaudrucke), Objekten und Stoffen stellt Zoitl Bezüge zu den komplexen kulturgeschichtlichen Bedeutungen der Farbe Blau her, mit der in Mitteleuropa Religiosität, Traditionalität und Heimatverbundenheit verknüpft sind, aber auch zu kolonialen Ausbeutungsmechanismen, wie sie beispielsweise in einer Fotoserie des Fotografen Oscar Mallitte aus dem Jahr 1877 festgehalten sind. Zu sehen sind die Abläufe und Arbeitsbedingungen in einer Indigo-Fabrik im indischen Allahabad. In Zusammenarbeit mit dem Künstler Sajan Mani entstand eine Videoarbeit, die entlang der Fotodokumente die Herstellungsweisen des Rohstoffs Indigo und seine Nutzung für das Blaufärben in performative Handlungen übersetzt.

Die Veranstaltung ist Teil des Projekts „This might be a place for humming birds“, kuratiert von Cagla Ilk und Antje Weitzel, das vom 16. November 2019 bis zum 5. Februar 2020 in der Galerie im Körnerpark, Berlin-Neukölln, gezeigt wird.

Unterstützt durch die Senatsverwaltung für Kultur und Europa / Programm Spartenoffene Förderung und dem Institut für Auslandsbeziehungen (ifa).

Bild für Johanna Unzueta / Moira Zoitl – The Many Names of Blue
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