Im Jahr 2020 fanden in Belarus, einem bis dahin im Westen kaum wahrgenommenen Land zwischen Polen und Russland, massive zivilgesellschaftliche Proteste statt. Sie richteten sich gegen die gefälschten Wahlen und die repressive Politik des korrupten Staatsoberhaupts. Die Proteste sind zu einem Schrei nach Freiheit geworden und Ausdruck des Bedürfnisses, in einem demokratischen Land leben zu wollen. Auch Künstler:innen und Kulturschaffende waren maßgeblich an den Protesten beteiligt. Viele wurden verhaftet und kamen ins Gefängnis. Nach ihrer Freilassung flohen sie vor weiteren Strafen nach Vilnius, Warschau, Tbilisi oder Berlin. Sie gingen davon aus, bald zurückkehren zu können, aber aus Wochen des Wartens wurden Monate, und aus Monaten Jahre. Seitdem befinden sie sich in einem Schwebezustand zwischen den Welten: Sie hoffen, den Wandel in ihrer Heimat weiterbringen zu können, ohne physisch anwesend zu sein, während sie sich in einem Land aufhalten, für das sie offiziell oft nicht existieren.
In der Ausstellung manchmal halte ich mich an der luft fest schauen junge belarusische Künstler:innen im Exil zurück auf die Proteste, die ihr Leben radikal verändert haben, und auf die darauf folgenden Jahre. In ihrer Kunst beschäftigen sie sich mit den Repressionen in ihrem Heimatland und der Angst vor dauernder Überwachung, die auch im Exil nicht endet. Sie befassen sich mit dem Zustand des Nichtdazugehörens und den endlosen Schleifen der staatlichen Bürokratien, mit denen sie im Ausland konfrontiert werden. Die Ausstellung ist auf der Suche nach einem Ausdruck für die persönliche Situation vieler Künstler:innen im Exil heute, die keineswegs nur belarusische betrifft.
Der Titel der Ausstellung stammt aus einem Gedicht der belarusischen Dichterin Volha Hapeyeva, die derzeit ebenfalls im deutschen Exil lebt. In ihrem Essay Die Verteidigung der Poesie in Zeiten dauernden Exils beschwört sie Poesie und Kunst als Mittel des freien Denkens und des Widerstands gegen die bürokratische Sprache von Staaten und gegen diktatorische Gewalt.
Die Ausstellung ist ein Kooperationsprojekt der Galerie im Körnerpark, der Prater Galerie und des Goethe-Institut im Exil.
Gefördert von dem Goethe-Institut im Exil
Kuratorische Assistenz: Diana Nowak
Unter Mitwirkung von Clara von Schwerin
Mit Lyrik von Volha Hapeyeva